Es ist natürlich nicht so, dass Kinder in den Alpen mit Skiern an den Füssen geboren werden. Und doch ist etwas dran: Hier liegt es nahe, eine Leidenschaft für Wintersport zu entwickeln. So auch bei den Geschwistern Cédric und Désirée Steiner. Bei seiner Geburt fand sich Cédric in einer Familie von Alpinskifahrer:innen und Biathlet:innen wieder. Er erinnert sich daran, schon vor seinem vierten Geburtstag auf Skiern gestanden zu haben. Und Désirée, die Jüngere der Geschwister, wich ihrem Bruder nie von der Seite. So kam es, dass die Beiden eine gemeinsame Leidenschaft entwickelt haben: den Skilanglauf.
»Das Tolle am Langlaufen? Du bist draussen in der Natur und kannst dich komplett austoben.« – Désirée Steiner
Nach jahrelangem Training wurde endlich eines von Cédrics Zielen Realität und er konnte das Davoser Sportgymnasium besuchen. »Schon im Kindergarten habe ich meinen Freund:innen erzählt, dass ich eines Tages auf diese Schule gehen werde,« erklärt er. Von Beginn an erhielten Cédric und auch seine Schwester dort das nötige fachliche Coaching, um ihre athletischen und skifahrerischen Fähigkeiten zu verbessern.
Und da sich beide auf dieselbe Sportart konzentrierten, konnten sie gemeinsam trainieren, voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen.
»Der Vorteil daran? Man kann sich gegenseitig helfen und sein Wissen austauschen. Der Nachteil? Man sieht sich SEHR OFT!«, scherzt Désirée. »Aber im Ernst, ich konnte mich immer an meinen Bruder wenden, wenn ich Rat brauchte. Das hat mir auf jeden Fall geholfen.«
Gemeinsam aufwachsen, gemeinsam Profi werden
Für die Geschwister gab es nach dem Schulabschluss nur einen einzigen logischen Schritt: Go Pro. Und so können die beiden inzwischen auf einige Erfolge zurückblicken. Voller Stolz erinnert sich Désirée an die Olympischen Jugendwinterspiele, einen ihrer grössten persönlichen Erfolge unter den vielen kleinen Erfolgen.
Und auch Cédric zögert nicht lange, wenn er nach seinem bisher grössten Erfolg gefragt wird: die Leistung beim Engadiner Skimarathon. Zu dieser gehört für ihn auch, dass er nach einer Verletzung und der Pandemie, die sein Comeback verzögert hatte, wieder zu alter Form zurückfinden konnte.
Obwohl Désirée und Cédric ähnliche Erfolge zu verbuchen haben, unterscheiden sich ihre Ansichten davon, was gute Langläufer:innen ausmacht. Cédric nennt Kraft, Ausdauer und Technik. Désirée verweist auf ihre persönlichen Erfahrungen: »Beim Training bin ich vielleicht nicht immer die Konzentrierteste, bringe aber immer Leidenschaft und Energie mit. Für den Erfolg ist das unerlässlich.«
Ihr Weg nach Peking
Profis sind die Besten der Besten in ihrer Sportart. Sie widmen einen grossen Teil ihrer Zeit, ihrer Energie und ihrer Konzentration dem Ziel, ihr Können zu perfektionieren. Und dennoch schaffen es nur wenige Athlet:innen auf die grösste Bühne der Sportwelt: die Olympischen Spiele. Für Wintersportler:innen wie Cédric und Désirée würde es darum nur schon viel bedeuten, an den Spielen teilzunehmen – und trotzdem haben auch sie Ambitionen.
»Es ist schon eine grosse Leistung, dabei zu sein. Aber Schweizer Athlet:innen haben den Anspruch, mehr als nur Teilnehmer:innen zu sein. Wir wollen stets auch Anwärter:innen auf Medaillen sein.« – Cédric Steiner
Im Schweizer Skilanglauf gibt es nur wenige olympische Athletinnen. Dementsprechend geehrt würde sich Désirée fühlen, ihr Heimatland auf der Piste vertreten zu dürfen. Für sie wie auch für ihren älteren Bruder ist der olympische Traum zum Greifen nah – aber nicht garantiert. Beide müssen über mehrere Rennen hinweg mit ihren Leistungen überzeugen. Das ist eine Herausforderung, die den Geschwistern alles abverlangt.
Ihr Vorteil dabei?
Im Gegensatz zu einigen ihrer Teamkolleg:innen stehen sie noch nicht im Rampenlicht. Etwas, das sie zusätzlich motiviert, sich zu beweisen: »Ich bin besonders hungrig darauf, alles zu geben und allen zu zeigen, wer wir sind,« verrät Désirée. Und Cédric ergänzt: »Ich mag das. Es ändert nichts an meinem Training und es gibt wenig Druck von aussen. Nur ich selbst bestimme darüber, wie viel Druck ich verspüre.«
Training unter extremen Bedingungen
Denkt man an Skilanglauf, denkt man an extreme Bedingungen wie eisige Temperaturen und Schneestürme – und liegt damit nicht komplett falsch. Dennoch finden sich Cédric und Désirée Steiner viel eher in wechselhaften Wintern wieder. Der Klimawandel und die globale Erwärmung hinterlassen ihre Spuren auch in den Schweizer Alpen. Sie haben einen Einfluss auf die Skipisten, auf die die Steiners bei ihren Trainings und Rennen angewiesen sind.
Die beiden Profi-Langläufer:innen erlebten bereits hautnah, wie sich das Klima verändert hat. Ein bestimmter Tag, quasi ein Augenöffner, hat sich Désirée besonders eingeprägt: Morgens sauste sie noch durch den Schnee und nachmittags in kurzen Hosen mit Rollski über den Asphalt. Für Cédric war jener Moment ein Weckruf, in dem er zum ersten Mal künstlich angelegte Loipen in einer ansonsten schneefreien Berglandschaft sah.
Sportler:innen leiden unter dem Schneemangel in warmen Wintern und für Rennveranstalter:innen wird es schwieriger, eine ausreichende Schneedecke garantieren zu können. Immer öfter müssen sie auf Kunstschnee zurückgreifen. Der aus kaltem Wasser und Luft erzeugte Schnee ist oft das einzige Mittel für Skigebiete und Rennveranstalter:innen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Dabei wissen sie, dass damit ein intensiver Süsswasser- und Energieverbrauch einhergeht.
Recycelter Schnee für nachhaltigere Pisten
Einen Weg, um die Schneedecke in den Schweizer Alpen zu verbessern, könnte eine Idee aus Davos liefern: Snowfarming. Das Prinzip macht Schneekanonen zwar nicht überflüssig; doch anstatt die Pisten direkt zu beschneien, wird der Schnee bei niedrigen Temperaturen in grossen Gruben gesammelt. Dadurch verbrauchen die Schneekanonen weniger Energie. In diesen Gruben wird der Schnee komprimiert und mit Sägespänen abgedeckt, wodurch ein Grossteil die warmen Temperaturen im Sommer übersteht. So kann er in der nächsten Skisaison als Fundament für die neu angelegten Pisten genutzt werden. Steigen die Temperaturen wieder, heisst es für den Schnee wiederum: »Ab in die Grube!«. Winterschlaf. Zumindest bis zur nächsten Saison.